Biontech, Moderna, AstraZeneca -

Drei Top-Impfstoff-Kandidaten im Vergleich

Datum:
02.12.2020 19:45 Uhr

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Die Briten haben den Biontech/Pfizer-Impfstoff zugelassen, die EU und USA dürften bald folgen. Auch am Start: Moderna und AstraZeneca. Die drei Impfstoff-Kandidaten im Überblick:

Die Mainzer Firma Biontech und ihr US-Partner Pfizer, der US-Konzern Moderna sowie das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca gehören zum Kreis der führenden Unternehmen im Rennen um den ersehnten Corona-Impfstoff. Was sind die Merkmale der Impfstoffe, wie gut wirken sie und wie sieht es mit der Lagerung aus? Ein Überblick:

Biontech/Pfizer

Das Mainzer Unternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer hatten als weltweit erste Entwickler positive Wirksamkeitsdaten aus einer Studie der finalen Phase präsentiert.

  • Impfstoff-Typ:

Biontech/Pfizer verfolgen ein völlig neues Konzept: Der Impfstoff mit der Bezeichnung BNT162b2 basiert auf der Boten-RNA-Technologie (messenger RNA, kurz mRNA). Dieser beruht auf synthetischen Genen, die die menschlichen Zellen anregen sollen, ein Virus-Eiweiß zu bilden. Ziel ist es, das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen Covid-19 anzuregen.

Ein solcher Impfstoff kann schnell in großen Mengen hergestellt werden. Allerdings muss das Biontech-Mittel bei etwa minus 70 Grad Celsius gelagert werden. Das erschwert die Logistik deutlich. Biontech zufolge lässt sich der Impfstoff jedoch in Boxen mit Trockeneis bis zu 30 Tage im jeweiligen Impfzentrum aufbewahren oder bis zu fünf Tage in einem normalen Kühlschrank.

Die Mainzer Firma Biontech und ihr US-Partner Pfizer, der US-Konzern Moderna sowie das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca gehören zum Kreis der führenden Unternehmen im Rennen um den ersehnten Corona-Impfstoff. Was sind die Merkmale der Impfstoffe, wie gut wirken sie und wie sieht es mit der Lagerung aus? Ein Überblick:

  • Schutzwirkung:

Die Zulassungsstudie hatte Ende Juli begonnen. Sie umfasst etwa 44.000 Teilnehmer im Alter von 16 bis 85 Jahren. Biontech gibt die Schutzwirkung vor einer Covid-19-Infektion mit etwa 95 Prozent an, bei über 65-Jährigen liege sie bei 94 Prozent. Ein Schutz von mehr als 90 Prozent wurde demnach 28 Tage nach Beginn der Impfbehandlung erreicht.

Zur Behandlung sind zwei Dosen notwendig. Auch nach der zweiten Injektion seien keine nennenswerten Nebenwirkungen aufgetreten, hieß es. Biontech geht davon aus, dass durch die Impfung eine einjährige Immunisierungswirkung erreicht werden kann. Dies sei aber noch nicht gesichert.

  • Erwartete Kosten:

Impfstoff-Hersteller und Regierungen haben unterschiedliche Preise ausgehandelt, von denen nicht alle öffentlich sind. EU-Kreisen zufolge soll der Impfstoff in Europa 15,50 Euro je Dosis kosten.

  • Stand des Zulassungsverfahrens:

In den USA und der EU wurde eine bedingte Zulassung beantragt. Großbritannien hat schon sein Ok gegeben. Die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema will bis zum 29. Dezember entscheiden. Eine bedingte Zulassung gilt zunächst für ein Jahr, in dem das Unternehmen weitere Wirksamkeitsdaten liefern muss.

  • Herstellung

Biontech und Pfizer können nach eigenen Angaben noch dieses Jahr etwa 50 Millionen Dosen bereitstellen – das würde für die Immunisierung von 25 Millionen Menschen reichen. 2021 sollen bis zu 1,3 Milliarden Dosen produziert werden.

Moderna

Als erstes Unternehmen hatte Moderna Mitte März eine klinische Studie der Phase I mit seinem Impfstoffkandidaten gestartet. Der US-Konzern mit Sitz in Boston präsentierte dann Mitte November - nach Biontech - positive Zwischenergebnisse seiner zulassungsrelevanten Studie.

  • Impfstoff-Typ:

Wie Biontech setzt auch Moderna auf die neue Boten-RNA-Technologie (mRNA). Den Angaben zufolge ist der Impfstoff mit der Bezeichnung mRNA-1273 etwa 30 Tage lang bei Temperaturen von 2 bis 8 Grad stabil und bis zu sechs Monate bei minus 20 Grad Celsius.

  • Schutzwirkung

Ende Juli begann die entscheidende Studie der Phase III mit etwa 30.000 Probanden. Demnach zeigt der Impfstoff eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent.

Wie bei Biontech sind zwei Dosen nötig. Auch Moderna versichert, dass bei keinem Probanden ernste Nebenwirkungen aufgetreten seien. Ein geringer Anteil der Probanden litt demnach unter Müdigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen und einer geröteten und schmerzenden Einstichstelle.

  • Erwartete Kosten

Moderna will nach eigenen Angaben zwischen 25 und 37 Dollar pro Dosis verlangen - damit wäre der Impfstoff deutlich teurer als der von Biontech.

  • Stand des Zulassungsverfahrens

Für die EU und die USA hat Moderna eine bedingte Zulassung beantragt. Die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema will bis zum 12. Januar darüber entscheiden.

  • Herstellung

Die Produktion des Impfstoffs läuft bereits. Nach eigenen Angaben hat Moderna derzeit Impfstoff für zehn Millionen Menschen.

AstraZeneca

Der britisch-schwedische Konzern AstraZeneca, der zusammen mit der Universität Oxford einen Impfstoff entwickelt hat, meldete ebenfalls im November positive Ergebnisse zur Wirksamkeit seines Impfstoffs.

  • Impfstoff-Typ

Anders als Biontech und Moderna nutzt AstraZeneca ein etabliertes Verfahren: Der Impfstoff mit der Bezeichnung AZD1222 oder ChAdOx1 nCoV-19 ist ein sogenannter Vektorimpfstoff, der auf abgeschwächten Adenoviren von Schimpansen basiert. Er soll Erbmaterial des Coronavirus in menschliche Zellen einschleusen und so die Immunabwehr ankurbeln.

Anders als die genbasierten Impfstoffe kann das AstraZeneca-Mittel bei normaler Kühlung (2 bis 8 Grad Celsius) transportiert und für mindestens sechs Monate gelagert werden.

  • Schutzwirkung

Die Wirksamkeit hängt offenbar von der Dosierung ab: Die Zwischenanalyse ergab laut AstraZeneca, dass der Impfstoff zu 90 Prozent vor Covid-19 schützte, wenn zunächst eine halbe Dosis und dann im Abstand von mindestens einem Monat eine volle Dosis verabreicht wurde (2.700 Teilnehmer). Wurde zwei Mal eine volle Dosis in zeitlichem Abstand gegeben, lag der Wert bei 62 Prozent (11.600 Porbanden). Im Durchschnitt betrug die Wirksamkeit 70 Prozent.

Das Unternehmen erwägt nun eine komplett neue weltweite Studie mit mehr Probanden, um zu bestätigen, dass die niedrigere Dosis offenbar zu einem besseren Ergebnis führt. Der Zulassungsprozess könnte sich dadurch verzögern.

Die Impfung könnte nach derzeitigen Erkenntnissen einen Impfschutz von einem Jahr gewährleisten.

  • Erwartete Kosten

AstraZeneca erwartet, den Impfstoff für einige Dollar je Dosis herstellen zu können. In Europa soll er etwa 2,50 Euro pro Dosis kosten, heißt es. Während der Pandemie will AstraZeneca nach eigenen Angaben keinen Gewinn mit dem Vakzin machen, will aber reichere Staaten zu einem "geeigneten Zeitpunkt" zur Kasse bitten. Vor allem ärmere Staaten setzen große Hoffnungen in den Impfstoff des Unternehmens.

  • Stand des Zulassungsverfahrens

Die Firma will bis Jahresende Daten einer klinischen Studie der Endphase veröffentlichen. Die britischen Behörden prüfen eine Genehmigung, mit der EU gibt es Gespräche und mit den USA stehen sie bevor.

  • Herstellung

AstraZeneca hat nach eigenen Angaben derzeit Impfstoff für etwa 100 Millionen Menschen. Das Unternehmen lagert das Präparat gefroren in großen Containern und will nur einen Wirkstoff hinzufügen, in Ampullen füllen und gekühlt ausliefern, wenn eine Zulassung absehbar ist.

Bei aller Impfstoff-Euphorie raten Gesundheitsexperten dennoch zur Vorsicht: Studien müssten noch abgeschlossen werden, es seien noch einige Fragen offen. Ungewiss sei etwa, ob die Impfstoffe gegen Infektionen durch Menschen schützen, die erkrankt, aber ohne Symptome sind. Auch ist noch nicht klar, wie lange der Schutz anhält. Bislang gibt es auch nur wenige Tests bei Kindern.

Zusammengestellt von Doris Neu, mit Material von Reuters, dpa, AP